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  • Das Ende des weströmischen ...
    Meier, Mischa

    Historische Zeitschrift, 10/2020, Volume: 311, Issue: 2
    Journal Article

    In dem Beitrag wird versucht, Geschehnisse der spätrömischen Geschichte im 5./6. Jahrhundert n. Chr. stärker in einen eurasischen Verflechtungszusammenhang einzubetten. Am konkreten Beispiel des Untergangs des Attila-Reiches (453) wird nach regionalen und weiträumigen Konsequenzen politischer Großereignisse gefragt. Dabei wird aufgezeigt, wie es nach dem Ende der hunnischen Machtbildung zunächst im Donauraum zu gravierenden ethnisch-politischen Neukompositionsprozessen kam (in die Ostrom immerhin noch gestaltend eingreifen konnte). Gleichzeitig lässt sich eine beträchtlicher Kriegerdrift nach Westen nachweisen, die den Untergang des weströmischen Kaisertums beschleunigt haben dürfte. Da ein größerer Teil ehemals unter hunnischer Kontrolle stehender Kriegerverbände sich zudem in den nordpontisch-kaukasischen Raum bewegte, kam es auch dort zu Unruhen. Diese wirkten sich direkt auf das Sāsānidenreich aus, das insbesondere in Armenien Aufstände und Unruhen zu gewärtigen hatte, die durch den Druck herandrängender Krieger aus den Kaukasusgebieten verschärft wurden. Sie zwangen die persischen Großkönige mehrfach in Zweifrontenkriege, da gleichzeitig an der Nordostflanke des Reiches Kidariten und vor allem Hephthaliten herandrängten. Die katastrophale Niederlage des Perozes 484 gegen die Hephthaliten ist in diesem geopolitischen Zusammenhang zu sehen; sie war keineswegs Folge eines unüberlegten militärischen Abenteuers, sondern sollte offenbar Zusammenschlüsse nordpontischer, ehemals hunnischer Kriegergruppen mit den Hephthaliten verhindern. Nach der Niederlage verloren die Sāsāniden jedoch für mehrere Jahrzehnte ihre Vormachtstellung in Zentralasien an die Hephthaliten, die sich Sogdiens und der dortigen Handelsnetzwerke bemächtigten, dadurch den Seidenstraßenhandel kontrollierten und in der Folge auch verstärkt mit den nordchinesischen Herrscherhöfen interagierten, die möglicherweise das türkisch-sāsānidische Bündnis, dem das Hephthalitenreich 560 nicht mehr standzuhalten vermochte, unterstützten.