Die Zeichnung F. 26 in der Casa Buonarroti, entstanden um 1505, erweist sich als Studie nach einer römischen Sarkophag-Figur. Übernahmen in Werken von Schülern lassen die Vermutung zu, daß ...Michelangelo dieselbe Figur auch noch in einer anderen Ansicht gezeichnet hat. — Der Vorgeschichte dieser Entlehnung nachgehend, kann festgestellt werden, daß dem jungen Michelangelo antike Formenwelt nicht unmittelbar als Vorbild diente, sondern sich erst auf dem Umwege über die verarbeitete Antike des Trecento und Quattrocento erschloß. Das beherrschende Erlebnis seiner Frühzeit war die toskanische "Protoklassik" (Masaccio, Giotto; Donatello, Quercia). Die Übernahmen aus der Antike beschränken sich auf Thema und Kunstgattung (Kentaurenkampf, Trunkener Bacchus) oder auf untergeordnete Einzelmotive (Madonna an der Treppe, Madonna Pitti); selbst der Marmordavid mit seinem klassischen Stellungsmotiv steht Gestaltungen des Trecento näher. — Erst im Schlachtkarton erkennt man eine unmittelbare Hinwendung zur Antike; wahrscheinlich gehört auch die Zeichnung F. 26 in diesen Zusammenhang. Es handelt sich auch hier nur um bedeutsame Bewegungsmotive, die an späten Denkmälern antiker Kunst aufgesucht werden, wobei die Qualität des Vorbildes irrelevant bleibt. Der bald darauf einsetzende Stilwandel, der zur pathetischen Ausdruckskunst der Sixtina-Decke führt, ändert das Verhältnis Michelangelos zur antiken Kunst und ermöglicht Anlehnungen an formal ausgezeichnete Werke. Die frühere Form der Übernahmen lebt dabei weiter. Noch tiefer gehend wirkt aber auch zu dieser Zeit das Vorbild des Trecento. — Michelangelo findet seine Vorbilder durch bewußte Wahl. Auch sein sich stets wandelndes Verhältnis zur Antike kann nur aus seinem autonomen Entwicklungsgange verstanden werden.
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