STAMMT DAS NORDŽEMAITISCHE mẽ˙sà ‘Fleisch’ AUS *mensā́?ZusammenfassungIm Beitrag wird anhand des handschriftlichen Textes der nordžemaitischen Mundart von Kretinga „Purpura iszganima mukos Jezusa“ ...(‘Purpur der Erlösung durch das Leiden Christi’) aus der Mitte des 19. Jh. und anhand der Argumente der diachronischen Phonologie gezeigt, dass das žemaitische Wort mẽ˙sà ‘Fleisch’ nicht aus dem baltischen *mensā́ stammt. Es wird bewiesen, dass man auf die begründete Behauptung von Kazimieras Būga zurückommen sollte, dass žem. mẽ˙sà eine Entlehnung aus dem ostslavischen мясо (m’aso) ist.Hauptargumente:1. Im „Purpura“ wird der aus *ę̄/*en stammende Laut des Wortstammes nur als Graphem <ę> geschrieben, während mẽ˙sà ‘Fleisch’ nur mit aufgefunden wird (vgl. ysztęs ~ ìštęsa ’dehnt aus’, szwęsto ~ švęstù ‘mit geweihtem’ und Nom. Sg. mesa, Gen. Sg. mesos, Akk. Sg. mesa etc.).2. In den Mundarten, die im Wortstamm ẹ̄ < *ę̄/*en haben, ist es unmöglich phonologische Mechanismen aufzufinden, durch die die unikale Veränderung dieses Lautes in dem einzigen Wort mẽ˙sà erklärt und gerechtfertigt werden könnte.Die Varianten des untersuchten Wortes mit -ei- sind das Ergebnis der hyperkorrektiven Verallgemeinerung. Sie kopieren den „autoritativen“ retrograden Ersatz vom Typ ẽ-te ~ eĩti → <ẽite> ‘gehen’ (nach dem Modell svẽ-kà → <svẽikà> ‘gesund’ neben mẽ˙sà, später tauchte an seiner Stelle mẽisà/meĩsà auf). Die Variante mẽnsà/meñsà ist entstanden aufgrund der soziolinguistisch moti vierten Nasalierung der langen Vokale V̄→ V̄n/ —{S, R}, die im žemaitischen Süden und Südosten weit verbreitet ist (vgl. gī́sla → gínsla ‘Ader’, trī̃s triñs ‘drei’), unterstützt und gefördert durch eine deutliche nasale Klangfarbe der vokale nach m (V̄→ V̄n/m―).
ZUR KLASSIFIZIERUNG EINER MUNDART AUS DEM WILNA-GEBIETZusammenfassungIm Aufsatz wird eine neue Teilklassifizierung einer nördlichen Mundart des Wilna-Gebiets vorgestellt. Sie stützt sich auf die ...Analyse der qualitativen und quantitativen Verhältnisse im Vokalismus. Neueste Daten erlauben, diese Mundart, welche bislang nicht genauer eingeordnet worden war, in zwei Teile zu untergliedern: in eine Nordost-Wilnaer und eine Südost-Wilnaer. Die Unterscheidungskriterien beider Teile sind zweierlei: a) die quantitativen Verhältnisse im Vokalsystem, b) die qualitativen Alternationen zwischen den Gliedern der Vokaloppositionen. Die nordöstliche Wilnaer Mundart zeichnet sich durch ein phonetisches System aus drei Stufen der Vokallänge aus sowie durch eine quantitative, gemischte und qualitative Alternation der Vokale der mittleren und tiefen Reihe, welche von der betonten vs. unbetonten Stellung abhängt. Die südöstliche Wilnaer Mundart charakterisiert sich durch ein System aus zwei Stufen der Vokallängen. Eine qualitative Alternation von Vokalen der mittleren und unteren Reihe gibt es in ihr nicht. Neben deutlich erkennbaren Gebieten mit einem System aus zwei und drei Vokallängen kommen gemischte bzw. Ubergangsgebiete vor, welche Eigenschaften aufweisen, die beiden Teilen eigen sind. Der nördliche Teil der Wilnaer Mundarten, welcher sich durch drei Vokallängen auszeichnet, steht durch seinen Vokalismus dem System der Mundarten um Utena nahe, während der südliche Teil der Wilnaer Mundarten, der zwei Vokallängen aufweist, sich mehr an das System der „dzukischen“ (südaukstaitischen) Mundarten anlehnt.
MUNDARTLICHE BESONDERHEITEN IN VOLKSLIEDERN (ANHAND DES MATERIALS AUS DER GEGEND VON NĪCA)ZusammenfassungKompliziert und wenig erforscht ist in der lettischen Sprachwissenschaft ein Fragenkreis, der ...mit den Beziehungen der Sprache zum System der Mundart, mit ihrer Wechselwirkung, mit der Folkloresprache als Quelle dialektologischer Forschungen verbunden ist.In diesem Artikel sind die kennzeichnenden Merkmale in der Phonetik der Mundart von Nīca behandelt worden. Dabei wird auf Sammlungen der Volkslieder (seit dem II. Viertel des 19. Jh. sind in Nīca mehr als 24 000 Varianten der Volkslieder notiert worden) und auf das in den letzten Jahrzehnten registrierte mundartliche Material gestützt. Der Vergleich der Sprache in Volksliedern mit Erscheinungen der heutigen Mundart ermöglicht uns Einsicht in die stabilsten mundartlichen Kennzeichen in der Phonetik, deckt den Prozeß des Verschwindens von phonetischen Besonderheiten der Mundart auf.Von den phonetischen Erscheinungen, die in den Volksliedern registriert sind und in der heutigen Mundart nur selten bei Sprechern der ältesten Generation auftreten, sind zu erwähnen: z. B., der Gebrauch des Vokals u vor Konsonanten b und v (dube̦ns, suvęns, zuve), die Diphthongierung der Vokale i, u vor tautosyllabischem r (zierdzīns, puorkš), die Anaptyxis nach dem Konsonanten r (svaraki, ver̂’pe2), die Assimilation des Konsonanten j durch den Konsonanten s bei Ableitungen mit -ājs, -ējs, -tājs (arāš, dzēreiš, dziedātāš).Die sprachliche Untersuchung der in Nīca notierten Volkslieder läßt schlußfolgern, daß die Anwendbarkeit der Volkslieder beider Feststellung mundartlicher Besonderheiten sowohl in der Phonetik als auch auf anderen Niveaus der Sprache von mehreren Bedingungen abhängig ist. Z. B., bei dialektologischen Untersuchungen ist es notwendig, sich auf zahlreiche Notationen der Volkslieder und auf mundartliches Material zu stützen; die Sprache der Volkslieder ist nach kritischer Bewertung und Konfrontation mit Erscheinungen der jeweiligen Mundart zu benutzen; die Qualität des Materials aus Volksliedern ist von der Qualifizierung des Notierenden, von der Erzählerwahl abhängig; bei Untersuchung dialektaler Merkmale der Sprache der Volkslieder ist es erwünscht, Manuskripte statt Veröffentlichungen zu benutzen.