Abstract
Cyclophane und lineare, nach den Regeln der Phannomenklatur benannte Verbindungen werden als Stammverbindungen betrachtet. Ihre Derivate werden in Übereinstimmung mit den für die Benennung ...organischer Verbindungen festgelegten Prinzipien, Regeln und Konventionen benannt. In dieser Empfehlung werden folgende Nomenklaturmerkmale beschrieben: indizierter und addierter Wasserstoff, die Rangfolge bei der Bezifferung, als Suffixe ausgedrückte Substituenten, als Präfixe angegebene Substituenten, Phanstammverbindungen, die durch Hinzufügen oder Entfernen von Wasserstoffatomen verändert wurden, und polyfunktionelle Derivate.
Die Phannomenklatur ist eine neue Methode zur Bildung von Namen für organische Verbindungen durch das Zusammenfügen von Namen für die Teilstrukturen der komplizierten Gesamtstruktur. Sie beruht auf ...dem Konzept, dass das relativ einfache Gerüst einer Stammverbindung durch eine als Amplifikation (Erweiterung) bezeichnete Operation modifiziert werden kann. Darunter versteht man einen Prozess, bei dem ein oder mehrere spezielle Atome (Superatome) eines vereinfachten Grundgerüsts durch mehratomige Strukturen ersetzt werden (Schema 1)
Die im Deutschen üblichen Trivialnamen Benzol und Naphthalin sollen nicht statt Benzen bzw. Naphthalen zur Konstruktion von Amplifikantenpräfixen verwendet werden.
– gesättigte Ringe oder Ringsysteme oder mankude Ringsysteme (ungesättigte Ringe oder Ringsysteme mit der maximalen Zahl nichtkumulierter Doppelbindungen). Bei der Amplifikation wird jedes Superatom durch einen Ring oder ein Ringsystem ersetzt, der oder das im Namen durch ein Amplifikantenpräfix spezifiziert wird, welches wiederum dem Stammnamen für das vereinfachte Grundgerüst vorangestellt wird. Letzterer endet auf die Silbe ‐phan und wird gemäß den Prinzipien zur Benennung gesättigter Kohlenwasserstoffe gebildet. Folglich sind alle durch den Gerüstnamen implizierten Atome mit Ausnahme der Superatome übereinkunftsgemäß gesättigte Kohlenstoffatome. Ein Amplifikantenpräfix wird aus dem Namen der entsprechenden cyclischen Stammverbindung durch Anfügen des Buchstabens a gebildet. Amplifikantenpräfixe gleichen daher den normalen Austauschpräfixen (“a”‐Präfixen) wie Oxa‐ und Aza‐, die den Ersatz einer einzelnen Struktureinheit, üblicherweise eines Kohlenstoffatoms, durch eine andere Struktureinheit anzeigen. Die Lokanten vor den Klammern im Namen einer Phanstammverbindung spezifizieren die Positionen der Superatome im vereinfachten Grundgerüst, die durch die im direkt nachfolgenden Amplifikantenpräfix spezifizierte Ringstruktur ersetzt werden. Ebenso legen sie die Positionen der Ringe und Ringsysteme in der Phanstammverbindung fest. Diese Lokanten sind durch die Bezifferungsregeln für das jeweilige vereinfachte Grundgerüst und die Rangfolge der Ringe und Ringsysteme in der Phanstammverbindung festgelegt. Die Lokanten in den Klammern spezifizieren die Atome der durch ein Amplifikantenpräfix bezeichneten Ringstruktur, die an ein benachbartes normales Atom des vereinfachten Grundgerüsts gebunden sind. Neben den Grundprinzipien der Phannomenklatur beschreibt Teil I die grundlegende Methode der Bezifferung von Phanstammverbindungen(K) und die Anwendung der Austauschnomenklatur zur Benennung von Phanstammverbindungen mit Heteroatomen.
Scheme 1. Prinzip der Phannomenklatur. Der Name des vereinfachten Grundgerüsts ist Cycloheptaphan, der Name der Phanstammverbindung 1(2,7)‐Naphthalena‐4(1,3)‐benzenacycloheptaphan.
Von Superatomen zu Amplifikanten führt die hier in deutscher Übersetzung vorgestellte Phannomenklatur. Sie umfasst acht Schritte, die in ihrer Reihenfolge nicht verändert werden dürfen. Dabei wird das komplizierte Gerüst zunächst vereinfacht, indem Ringbestandteile durch Superatome ersetzt werden, danach das dabei erhaltene vereinfachte Grundgerüst benannt und abschließend durch Amplifikation (Erweiterung) in die tatsächliche Struktur überführt.
Bei der Benennung von Naturstoffen gab es, hauptsächlich aus historischen Gründen, viele Unklarheiten. Zu Beginn der Naturstoffchemie lag zwischen der Isolierung einer neuen Substanz und ihrer ...Charakterisierung ein längerer Zeitraum. Daher erhielten Naturstoffe häufig Trivialnamen, die keinen Hinweis auf die Struktur des Moleküls geben und sich im Nachhinein oft als irreführend erwiesen. Auch wenn die ursprünglichen Namen später verbessert wurden, so drückten die neuen Namen die Struktur doch häufig unvollkommen aus und eigneten sich daher nicht für die Nomenklaturoperationen, die zur Benennung von Derivaten oder Stereoisomeren erforderlich sind. Dies führte zu einer enormen Zunahme von Trivialnamen, die nur das Gedächtnis von Chemikern strapazierten und wichtige Strukturverhältnisse verschleierten. Das so entstandene Durcheinander in der Literatur führte zur Gründung von Fachkommissionen, deren Aufgabe es war, die Benennung von Verbindungen auf verschiedenen miteinander zusammenhängenden Gebieten der Naturstoffchemie wie Steroiden, Lipiden oder Kohlenhydraten zu systematisieren. Die Bemühungen, irreführende oder doppelte Nomenklatur zu beseitigen, waren erfolgreich, soweit den Empfehlungen gefolgt wurde. Ziel der IUPAC Commission on Nomenclature of Organic Chemistry ist es, nach Möglichkeit alle Einzelberichte in einem einzigen Satz von Empfehlungen zu vereinen, der in den meisten Gebieten der Naturstoffchemie angewendet werden kann. Dementsprechend wurden vorläufige Empfehlungen ausgearbeitet und erstmals 1976 als Abschnitt F der IUPAC‐Regeln für die Nomenklatur der Organischen Chemie1 und danach in den 1979 herausgegebenen Regeln2 veröffentlicht.
Aktualisierte und überarbeitete Empfehlungen zur Benennung von Naturstoffen wurden nach 23 Jahren von der IUPAC veröffentlicht und liegen nun zusammen mit Korrekturen, die im Jahr 2004 publiziert wurden, in deutscher Übersetzung vor. Ein Beispiel für die Verwendung des Namens einer Grundstammverbindung zur Ableitung halbsystematischer Namen ist gezeigt.