Schelling begreift seine eigene Stellung in der Philosophiegeschichte auf zweifache Weise: mit seinem Frühwerk hat er zu der Entwicklung der negativen Philosophie oder der Philosophie der absoluten ...Identität beigetragen, so dass sie vollends ihre Verwandlung in die positive Philosophie vollziehen könnte. Parallel dazu hat er an der Begründung und Entwicklung der geschichtlichen bzw. Philosophie der Offenbarung gearbeitet. Letztere ist auch wirklicher Inhalt der positiven Philosophie. Diese Auffassung über die Begrenztheit der rationalen Philosophie kann man im gesammten Schellingschen Werk bestätigen, unabhänging von der Entstehungszeit einzelner Schriften. Deshalb ist man durchaus berechtigt auch in dem früheren Werk zumindest die methodische Vorbereitung zur positiven Philosophie zu betrachten. Demzufolge sieht Schelling seine eigene Rolle in der Philosophiegeschiche als eine vermittelnde und endlich den Parallelismus zwischen der unüberwältigten negativen und unrealisierten positiven Philosophie auflösende.
Im Artikel werden die tragenden Konturen des Offenbarungsbegriffs im Denken Schellings hervorgehoben. Der Begriff hat den christlichen Hintergrund, wird aber von Schelling nicht auf konfessionelle ...Ebene festgelegt oder reduziert. Schelling nimmt ihn als Realität in der geschichtlichen Erfahrung der Menschheit; als solcher ist er interessant für die Philosophie. Das Thema der Offenbarung markiert bereits die erste Periode des Schellingschen Denkens: mit ihm wird die erkenntnismässige Entdeckung der Unbedingtheit und Autonomie der menschlichen Freiheit verbunden und zwar im Zusammenhang mit dem deutsch-aufklärerischen Verständnis der christlichen Religion als Erzieherin des Menschengeschlechts in moralibus. In der zweiten Periode, die man mit Schellings Freiheitsschrift beginnen und mit den Weltaltern fortsetzen lässt, wird der Offenbarungsbegriff im Zusammenhang mit der Problematik des Bösen, der Freiheit und der Schöpfung behandelt. Er signalisiert die Freiheit des Absoluten und seiner schöpferischen Wirkung und Präsenz in Natur und (Religions)Geschichte der Menschheit – allerdings wird das Böse als notwendiges Moment der Offenbarung verstanden. In der letzten Periode seines Denkens (Philosophie der Mythologie und der Offenbarung) behandelt Schelling die Offenbarung (vor allem Offenbarung in Christo) als freie geschichtliche Manifestation des Absoluten, die zugleich als Angebot und Apel an seine freie Annahme von Seiten des Menschen verstanden und dargestellt wird. Die positive Philosophie Schellings ist keineswegs eine verkappte christliche Theologie; mit einem gewissen Recht könnte man sie vielleicht als Philosophie der christlichen Religion nennen. Ihr geht es darum, die Inhalte der christlichen Religion durchzudenken, ohne damit den Interessen der Kirchen Dienst in ihren Anliegen erweisen zu wollen, aber auch ohne mit den Interessen der Religionskritik gehemmt zu sein. Die Philosophie der Offenbarung versucht Leben und Wirken Gottes zu beschreiben, der seiner Schöpfung zuvorkommt und sie zur Vollendung zu führen beabsichtigt – auf dass Gott alles in allem wird.