Der "Parzival" Wolframs von Eschenbach gilt als eines der bedeutendsten Werke der mittelalterlichen Literatur. Und doch ist dieses artifizielle und sprachgewaltige Epos für den heutigen Rezipienten ...nicht unmittelbar zugänglich, ihn trennen rund 800 Jahre von der ursprünglichen Produktions- und Rezeptionssituation. Der Stellenkommentar ermöglicht eine Annäherung an den sprachlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Verstehenshorizont des mittelalterlichen Publikums. Mit dem Schluss des "Parzival" sind zentrale, in der Forschung kontrovers diskutierte Textpartien Gegenstand der Kommentierung. Der Kommentar berücksichtigt neben Übersetzungen sowie Wort-, Begriffs- und Sacherklärungen auch Aspekte der Intra- und Intertextualität sowie Fragen der Interpretation und Rezeption. Er bietet Forschungsreferate ebenso wie neue Interpretationsansätze zu prominenten Forschungsdiskursen wie beispielsweise zu Trevrizents Widerruf, der schließlich von Parzival gestellten Erlösungsfrage oder der irritierenden Öffnung des Werkes am Ende durch die Feirefiz- und Loherangrin-Geschichte.
Die Sage um den Schwanritter gehort zu den weit verbreiteten mittelalterlichen Erzahlstoffen, die bis heute nicht an Faszinationskraft verloren haben. Sie steht im Umfeld der Mahrtenehegeschichten ...und lasst sich als Grundungsmythos lesen, erhalt ihr Signum durch die Kernmotive Gerichtskampf und Frageverbot. In der deutschen Literatur vor 1500 erfahrt dieser Erzahlstoff in den Werken Parzival, Der Schwanritter, Jungerer Titurel, Lohengrin, Lorengel und Buch der Abenteuer Bearbeitung. Die vorliegende Arbeit ist die erste Monographie, die die gesamte deutsche vormoderne Werkreihe zum Schwanritter-Stoff zum Gegenstand hat und seine Transformation durch die Jahrhunderte verfolgt. Sie nimmt die stabile Grundstruktur und mannigfaltigen Variationsmoglichkeiten der Schwanritter-Erzahlungen als Ausgangspunkt dafur, die Allianzen des Stoffes mit diversen literarischen Traditionen, poetischen Formen, historischen Diskursen sowie Zyklusbildungen aufzuzeigen. Als Quellen der deutschen Werkreihe werden die altfranzosischen Schwanritter- und Schwanenkinder-Geschichten behandelt. Das wichtigste Rezeptionszeugnis in der Moderne, Richard Wagners Lohengrin, wird als Ausblick sowohl quellengeschichtlich als auch musikalisch und intermedial untersucht.
Das soziologische Konzept von deviantem Verhalten wird für die Analyse literarischer Texte erprobt. Beckers Devianz-Konzept ist anwendbar, weil es nicht auf angeblich universell gültigen Normen ...beruht, sondern weil eine Handlung dann als deviant betrachtet wird, wenn sie mit Blick auf die jeweils konsultierten Wertmaßstäbe als abweichend etikettiert wird. In Wolframs
scheint Antikonie sich deviant zu dem zuvor etablierten Wertmaßstab ‘Keuschheit’ zu verhalten, was der Figur manch despektierliche Wertung von der älteren Forschung eingebracht hat. Fokussiert wird darauf, dass Antikonie nach der ersten Kemenatenszene für Gawan in der Ratsversammlung eintritt und danach erneut mit Gawan eine Kemenate aufsucht. Das zweite Beisammensein mit dem angeblichen Königsmörder demonstriert öffentlich sichtbar, dass die Schwester des Königs Handlungsautonomie in der Partnerwahl beansprucht. Damit wird das System der Wertmaßstäbe im
transformiert. Eine flankierende digitale Studie zeigt, dass auch die Figurenrede von Antikonie deutliche Abweichungen zur Stimme von anderen
-Figuren aufweist.
This study isan analysis of the facets of compassion in Wolfram's Parzival, which was written at the beginning of the thirteenth century. In order to grasp the actual meaning ofcompassioduring this ...time, the analysis of the epic poem is preceded by additional examples from the High Middle Ages. These examples consist of excerpts taken from clerical Latin literature of the twelfth and early thirteenth centuries as well as from the "Elisabeth Psalter", which contains numerous illustrations and was prepared during this time for the court of Hermann I of Thuringia (1190-1217).