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  • Das Unheimliche der Roma
    Bauer, Sidonia

    Lendemains, 12/2021, Letnik: 46, Številka: 182-183
    Journal Article

    In seinem Beitrag „Zur Psychoanalyse des geschichtlich Unheimlichen: das Beispiel der Sinti und Roma“ (Maciejewski 1994) hat Maciejewski überzeugend den Antisintismus1 aus der psychoanalytischen Untersuchung des Unheimlichen nach Freud hergeleitet. Das Werk La septième fille2 des Roma-Autors Matéo Maximoff (verfasst 1957-1958, erstmals erschienen auf Deutsch 1967 im Züricher Verlag Flamberg, 1979 auf Englisch, 1982 auf Französisch) gestattet es, das Phänomen des Unheimlichen (Maciejewski 1994: 37, id. 1996) im Kontext der Autorepräsentation zu analysieren. Die Handlung des Romans – „le plus beau de ses romans“ (Gartner 1982: 9) – spielt im Jahr 1941 in einem der zehn französischen Internierungslager für Tsiganes, dessen Name nicht näher spezifiziert wird (Maximoff 1982: 29). Der Romani-Schriftsteller und Ethnologe Maximoff (Kovacshazy 2017) richtet sein Hauptaugenmerk auf seine eigene Community, um Differenzen des Umgangs mit unheimlichen Motiven innerhalb der von ihm beschriebenen Gemeinschaft zu reflektieren. Maximoff selbst stammt mütterlicherseits aus einer französischen Manouche-Familie, väterlicherseits von Rom Kalderash ab. Den vorliegenden Roman verfasste er wenige Jahre, nachdem er selbst aus einem Internierungslager im Süden Frankreichs befreit worden war (ibid.: 14). Fiktionalität und Faktualität gehen im Sinne der phantastischen Literatur ein Mischungsverhältnis miteinander ein. Maximoff stützt sich in einer gewollt authentischen Manier auf exakte Beobachtungen der Sitten und Bräuche der „tzigane kalderash“ (ibid.: 14sq.). Besonders ergiebig werden Geschlechterverhältnisse verhandelt. Dem Numinos-Unheimlichen des Weiblichen gilt im Kampf der Geschlechter der Sieg. Die „unheimliche Frau“ (Lampe 2001) in Gestalt der Hexe Dhrabarni und des intelligenten Mädchens Silenka als ihrer Doppelgängerin wird ihre Macht in Form einer verdrängten Sehnsucht des aufgeklärten Mannes nach dem Zuhause des Mutterleibs festigen. Das Werk des Unheimlichen als magisch-sakraler Raum bleibt der außergewöhnlichen Romnia vorbehalten.