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  • Barbaren, Asiaten, Sklaven,...
    Meyer-Zwiffelhoffer, Eckhard

    Historische Zeitschrift, 08/2023, Volume: 317, Issue: 1
    Journal Article

    Der Aufsatz geht der Frage nach, ob es in der griechischen und römischen Antike Vorstellungen, Handlungsweisen oder gesellschaftliche und politische Strukturen gegeben hat, die als „rassistisch“ zu bezeichnen wären. Das Problem einer solchen Untersuchung besteht darin, dass in der Forschung keine Einigkeit darüber herrscht, was unter „Rassismus“ zu verstehen sei: Dominierten bis in die späten 1960er Jahren Konzeptionen, die auf einem biologischen Rassenbegriff beruhten, so wurden seither zahlreiche Theorien formuliert, die von einem kulturalistischen Verständnis des Phänomens im Sinne eines „Rassismus ohne Rassen“ ausgehen und tendenziell jegliche soziale und politische Diskriminierung – etwa aufgrund von Herkunft, Religion, Klasse, Geschlecht, Hautfarbe – als „rassistisch“ begreifen. Im ersten Teil des Aufsatzes zeichne ich die Geschichte des Rassismusbegriffs nach und entwickele eine eigene Konzeption, deren Kriterien es erlauben, kultur- und epochenübergreifend festzustellen, welche Verhältnisse wir zu Recht rassistisch nennen können, ohne zugleich jede Form von Diskriminierung als solche zu bezeichnen. Im zweiten Teil des Aufsatzes untersuche ich dann vier antike Phänomene, die in der modernen Forschung unter Rassismusverdacht stehen, unter dem Aspekt, ob hier sinnvollerweise von „Rassismus“ zu sprechen wäre: die griechische und römische Barbarenkonzeption, die sogenannte hippokratische Umwelttheorie, Aristoteles’ Theorem des „Sklaven von Natur“ und die antike Judenfeindschaft.