Die Beziehung von Lehrperson und Lernenden kennzeichnet eine komplexe Asymmetrie. Sie gilt als konstitutiv für die pädagogische Beziehung, aber auch als von der Lehrkraft zu bearbeitendes ...Handlungsproblem. Diese rekonstruktive Studie untersucht den habitualisierten Umgang von Lehrkräften mit der Asymmetrie in der Interaktion mit Lernenden. Sie schlägt eine heuristische Konzeption der asymmetrischen Beziehungsstruktur in ihrer Mehrdimensionalität vor und nimmt anhand mittels Dokumentarischer Methode ausgewerteter Gruppendiskussionen die habitualisierten Orientierungen und konjunktiven Erfahrungen von Lehrkräften zur Asymmetriegestaltung in den Blick. Die Ergebnisse werfen weiterführende Fragen zur Auseinandersetzung von Lehrkräften mit der Asymmetrie der pädagogischen Beziehung wie auch metatheoretische Fragen zur Konzeption habitualisierter Orientierungen von Lehrkräften auf. (DIPF/Orig.)
Homework is set in two locations: On the one hand, homework is a task initiated in class, but on the other hand, it has to be done outside of class. Starting from that, the ethnographic study ...investigates how this division is reflected in the classroom and how it is negotiated by teachers and students. Homework becomes an occasion for the dissolution of boundaries in the classroom. By requesting to work outside of the classroom, the boundaries between the school and the private field are dissolved. Using a practice-theoretical approach, the study reconstructs how the access of school to the private field takes shape via homework and how students also succeed in counteracting these delimitations. On the basis of the reconstructions, information can be gained about the central importance of homework for school and teaching: The outsourcing of tasks not only relieves the lesson, but at the same time delegates the responsibility for learning to areas outside of school. By proceeding this delegation along classist attributions about the educational orientation of students’ parents, homework proves to be a mechanism of (re)production of inequality.
Hausaufgaben weisen eine zweifache Verortung auf: Einerseits stellen sie unterrichtlich initiierte Aufgaben dar, die andererseits aber außerhalb des Unterrichts anzufertigen sind. Ausgehend davon untersucht die ethnographische Studie, wie sich unterrichtliche und außerunterrichtliche Bezüge von Hausaufgaben im Unterricht niederschlagen und von Lehrer:innen und Schüler:innen verhandelt werden. Hausaufgaben werden im Unterricht zum Anlass für Entgrenzungen, indem über die Aufforderung,auch außerhalb des Unterrichts für diesen zu arbeiten, die Grenzen zwischen schulischem und außerschulischem Bereich aufgehoben werden. Mit einem praxistheoretischen Ansatz rekonstruiert die Studie, wie sich der Zugriff von Schule in den privaten Bereich über Hausaufgaben ausgestaltet und es Schüler:innen auch gelingt, diesen Entgrenzungen Begrenzungen entgegenzusetzen. Anhand der Rekonstruktionen lässt sich Aufschluss über eine zentrale Bedeutung der Hausaufgaben für Schule und Unterricht gewinnen: Der Unterricht wird über die Auslagerung von Aufgaben nicht nur entlastet, sondern damit zugleich die Verantwortung für schulisches Lernen an den außerschulischen Bereich delegiert. Hausaufgaben zeigen sich dabei insofern als ein Mechanismus der (Re)Produktion von Ungleichheit, als dass diese Delegation entlang von klassistischen Zuschreibungen über die Bildungsorientierung der Elternhäuser von Schüler:innen verläuft.
Was geschieht, wenn Schüler*innen im Unterricht Musik erfinden? Wie begleiten Lehrer*innen diesen Prozess? Wie nutzen Schüler*innen digitale Medien und Portfolios und welche Perspektiven entwickeln ...sie auf ihr Tun? Im Forschungs- und Entwicklungsprojekt ModusM – Musikunterricht im Modus des Musik-Erfindens werden konstitutive Dimensionen von Prozessen des Musik-Erfindens mit qualitativen Methoden erforscht. Der Band präsentiert einige der Forschungsarbeiten der am Projekt ModusM beteiligten Forschungsgruppen. Ihnen gemeinsam ist eine fallanalytische Perspektive, die es ermöglicht, Interaktionsmuster und grundlegende Orientierungen der Akteur*innen durch die Auswertung von Video- und Interviewmaterial sowie von prozessbegleitend geführten Portfolios zu rekonstruieren. (DIPF/Orig.)
Arguably one of the most characteristic features of the teacher-student relationship is its multifaceted asymmetry in knowledge, ability, experience, dependency, power, etc. The ambivalent ...significance of this asymmetry for the teacher-student interaction has been highlighted by educational researchers, teachers, and teacher educators alike. The asymmetrical relationship structure is assumed to be central to the “grammar of schooling” that enables pedagogical interaction in the classroom and sets its parameters. At the same time, it is also considered to pose challenges to teachers in their interaction with students. So far, however, no conceptual account of the asymmetry has been proposed, and few studies have investigated it systematically as a complex, multifaceted feature of the teacher-student relationship. This qualitative study examines the asymmetry from the teachers’ perspective. Drawing on structural-theoretical accounts of teacher professionalism and systems-theoretical conceptions of pedagogical communication, it develops a schematic conception of the asymmetry and its complexity that provides a heuristic frame of reference for the empirical study. Using an approach based on Mannheim’s and Bohnsack’s praxeological sociology of knowledge, the study asks how teachers experience their interaction with students regarding the asymmetry of their relationship and how they deal with and shape the asymmetry when interacting with students. The study focuses on the concept of collective orientations, or habitus, of teachers, i.e., collective, embodied, tacit knowledge that underlies the teachers’ actions as implicitly practice-guiding principles. The findings show that the interviewed teachers perceive the asymmetry as being shaped coconstructively through the interaction of teacher and students, although the interviewed teachers differ in how they experience the process of this co-construction: as antagonism or as congruence in co-construction. Moreover, the teachers take for granted the asymmetry of the relationship and their position as superior in knowledge, ability, and experience as well as power and control. They routinely and as a matter of course rely on this position when interacting with students. However, different collective orientations underlie this reliance on the asymmetry. Two contrasting types of orientations have been reconstructed: orientations primarily centered on the assumed requirements of pedagogical practice and orientations primarily centered on the teachers’ self-interest. Furthermore, the complexity of the asymmetrical relationship structure as spelled out by the heuristic-theoretical conception is not reflected in how the teachers experience their interaction with students regarding the asymmetry and how they deal with it. On the one hand, the interviewed teachers focus on selected aspects of the asymmetry. On the other hand, how they deal with the asymmetry is structurally analogous across theoretically distinguishable aspects. These results raise further questions on how teachers experience and deal with the asymmetry as well as more metatheoretical questions regarding the conception of collective orientations underlying teachers’ professional practice.
Eines der zentralen Merkmale der Beziehung von Lehrperson und Lernenden ist ihre vielgestaltige Asymmetrie hinsichtlich Wissen, Können, Erfahrung, Abhängigkeit, Befugnisse etc. Die ambivalente Bedeutung der asymmetrischen Beziehungsstruktur für die Handlungspraxis von Lehrkräften wird im Forschungsdiskurs und von Lehrkräften und Lehrer:innenbildner:innen gleichermaßen betont: Sie ist eine prägende Rahmenbedingung und teilweise grundlegende Voraussetzung pädagogischer Interaktion, aber auch eine Herausforderung für Lehrkräfte im Umgang mit Lernenden. Theoretische Konzeptualisierungen und empirische Studien, die die asymmetrische Beziehungsstruktur in ihrer Komplexität systematisch ausdifferenzieren und als mehrdimensionales Merkmal der pädagogischen Beziehung untersuchen, liegen bisher jedoch kaum vor. Hier setzt diese rekonstruktive Studie an. Ausgehend von struktur- und systemtheoretischen Überlegungen zu pädagogischer Professionalität und Kommunikation wird eine heuristische Konzeption der Asymmetrie vorgeschlagen, die diese theoretisch fundiert ausdifferenziert und systematisiert und vor deren Hintergrund die Ausgestaltung der Asymmetrie durch Lehrkräfte empirisch untersucht wird. Basierend auf mittels Dokumentarischer Methode ausgewerteten Gruppendiskussionen mit Lehrkräften fragt die Studie nach deren Erfahrungen hinsichtlich der Asymmetrie in der Interaktion mit Lernenden und ihrem Umgang mit der Asymmetrie. Dabei fokussiert sie auf die habituellen Orientierungen, d.h. impliziten, konjunktiven Wissensbestände, der Lehrkräfte, die als modus operandi deren Umgang und Auseinandersetzung mit der Asymmetrie strukturieren. Die Ergebnisse zeigen, dass die befragten Lehrkräfte die Ausgestaltung der Asymmetrie in der Interaktion mit Lernenden als Kokonstruktion erleben, die sie jedoch unterschiedlich wahrnehmen: als Komplementarität oder als Opposition von Lehrkraft und Lernenden in der Asymmetriegestaltung. Ferner setzen die befragten Lehrkräfte die asymmetrische Beziehungsstruktur mit Selbstverständlichkeit handlungspraktisch voraus und nehmen ihre superiore Position gegenüber den Lernenden selbstverständlich in Anspruch. Diese selbstverständliche Inanspruchnahme wird von unterschiedlichen habituellen Orientierungen auf je spezifische Weise geprägt. Zwei kontrastierende Typen von Orientierungen ließen sich rekonstruieren: Orientierungen mit primärem Bezug auf wahrgenommene berufliche Erfordernisse und Orientierungen mit primärem Bezug auf eigene persönliche Bedürfnisse. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse, dass sich die in der Heuristik herausgearbeitete Komplexität und Vielgestaltigkeit der asymmetrischen Beziehungsstruktur nicht in der Auseinandersetzung und dem Umgang der Lehrpersonen mit ihr widerspiegeln, sondern die befragten Lehrkräfte auf einzelne Asymmetriefacetten fokussieren und gleichzeitig die Asymmetrie facettenübergreifend homolog, wie ein zusammenhängendes Ganzes, bearbeiten. Die Ergebnisse werfen sowohl weiterführende Fragen zur Auseinandersetzung und zum Umgang von Lehrpersonen mit der Asymmetrie der pädagogischen Beziehung auf als auch metatheoretische Fragen zur Konzeption habitualisierter Orientierungen, die der beruflichen Handlungspraxis von Lehrkräften zugrunde liegen.
Die gymnasiale Oberstufe erfuhr in den letzten Jahrzehnten einen stetigen Zulauf, sodass die Abiturientenquote eines Altersjahrgangs heutzutage etwa 40 Prozent beträgt. Dadurch nimmt die gymnasiale ...Oberstufe einen immer bedeutenderen Platz im institutionalisierten schulischen Bildungsangebot ein, weswegen eine (erneute) wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Bildungszielen und den Wirkungen des Unterrichts in der gymnasialen Oberstufe sinnvoll erscheint. Vor diesem Hintergrund widmet sich dieser Sammelband aus einer fachbezogenen Perspektive dem ,,Fach Mathematik in der gymnasialen Oberstufe". Hierzu wird den Fragen nachgegangen, welchen Beitrag das Fach Mathematik für die Trias der Bildungsziele (Vertiefte Allgemeinbildung, Wissenschaftspropädeutik und Studierfähigkeit) leisten kann, welche empirischen Ergebnisse zu mathematikspezifischen Bildungszielen und zum Mathematikunterricht in der gymnasialen Oberstufe vorliegen und wie das Fach Mathematik in der Upper Secondary School in anderen europäischen Ländern gestaltet ist. Abgerundet wird der Sammelband durch drei Diskussionsbeiträge aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Perspektiven. (DIPF/Orig.)
Der vorliegende Band nimmt seinen Ausgangspunkt in der krisenhaften Situation um Covid-19. Er hat den Anspruch, mittels wissenschaftlicher Praktiken der Verunsicherung bzw. dem Bruch mit den bisher ...als „Normalität“ aufgefassten Verhältnissen etwas entgegen zu setzen. Involviert in bildungswissenschaftliche Forschung und Lehre, die sich angesichts der Pandemie in vielfältiger Weise neu verorten und gestalten, wenden sich die Autor*innen grundlegenden bildungswissenschaftlichen Verhältnisbestimmungen in ihren ideellen, kategorialen, sozialen und materiellen Neuverortungen zu. Dabei kommen auch Themen in den Blick, die in bildungswissenschaftlichen Arbeiten bisher eher randständig waren, sich aber als künftige Forschungsthemen zeigen, beispielsweise die Technisierung des Umgangs miteinander. (DIPF/Orig.)
Professionalisierungsprozesse von Lehrpersonen und pädagogischen Fachkräften in der Aus-, Fort- und Weiterbildung tragen unter Bezugnahme auf wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zur ...Kompetenzentwicklung bei (Stichwort Kompetenzorientierung). Dieser Band dient dazu, Initiativen insbesondere der österreichischen Bildungsforschung vorzustellen. Die Beiträger*innen richten dabei ihre Forschungsfragen unter anderem an: strukturelle Bedingungen in der Lehrer*innenbildung mit besonderer Berücksichtigung der Ein- und Umstiege in den Beruf; Lehr- und Lernkonzepte in der Lehrer*innenbildung; Professionalisierungsprozesse und Kompetenzentwicklung in verschiedenen (Aus-)Bildungphasen der Lehrer*innenbildung; Reflexion aktueller Professionalisierungsdiskurse. So werden, von konzeptuellen Überlegungen zur Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften über Professionalisierungsstrategien bis hin zu Evaluierungsaspekten, verschiedene Facetten der Lehrer*innenbildung präsentiert und diskutiert. (DIPF/Orig.)
Asked about major job stressors, teachers consistently name classroom disturbances or disciplinary problems. Furthermore, student misbehavior has been linked to reduced occupational well-being. ...However, there is a pressing need to uncover the psychological processes explaining this association. In their model of teacher well-being, Spilt, Koomen, and Thijs (2011) suggested the teacher-student relationship as a mediator. To test this assumption, the present study used longitudinal data from N = 222 teachers who rated student misbehavior in their classroom, the teacher-student relationship, and their well-being in terms of emotional exhaustion and work enthusiasm. In addition, the teachers’ students (N = 4111) were asked about behavior problems in their class. The results revealed links between teacher-rated student misbehavior, increased exhaustion, and decreased enthusiasm. Student-rated misbehavior was correlated with teacher well-being to a lesser extent. Furthermore, the teacher-student relationship was positively associated with teacher well-being and mediated the link between teacher-perceived misbehavior and enthusiasm. (Orig.).
Demokratie muss gelernt und gelebt werden - ein idealer Ort dafür ist die Schule. Das vorliegende Buch zeigt, wo Schülerinnen und Schüler in Deutschland, Österreich und der Schweiz in ihren Schulen ...mitbestimmen können und wie sie hierbei Toleranz, Empathie und Selbstwirksamkeit erlernen. Die Studie macht deutlich, dass Mitbestimmung in der Regel außerhalb des Unterrichts stattfindet, obwohl für junge Menschen gerade eine stärkere Beteiligung an Unterrichtsthemen besonders interessant ist. (DIPF/Verlag)
Dieses Beiheft der Zeitschrift „DDS – Die Deutsche Schule“ ergänzt das im Juni 2020 erschienene Beiheft „Langsam vermisse ich die Schule …“ – Schule während und nach der Corona-Pandemie und erweitert ...die Perspektive: In den drei Beiträgen des ersten Teils werden Forschungsbefunde präsentiert, die zum damaligen Zeitpunkt noch nicht vorlagen und die den Stand der Forschung in einigen wichtigen Punkten erweitern. Im zweiten Teil, der den Schwerpunkt dieses Beiheftes bildet, wird anhand einer umfassenden Dokumentation ein Überblick über das neu entstandene und sehr dynamische Forschungsfeld „Schule und Corona“ gegeben. Dies geschieht einerseits anhand von über 80 „Steckbriefen“ zu empirischen Forschungsprojekten, die sich den pandemiebedingten Einschränkungen des Schulbetriebs, dem Fernunterricht und seinen mit Präsenzunterricht kombinierten Varianten widmen sowie andererseits durch eine umfangreiche Bibliografie von bislang zur Thematik erschienenen Veröffentlichungen. Das Beiheft bietet somit eine breite und schnell zugängliche Informationsgrundlage über Corona-bezogene Forschungsaktivitäten. Es richtet sich daher insbesondere an diejenigen, die Forschungsvorhaben zum Thema „Schule und Corona“ planen, durchführen oder fördern, an thematisch Interessierte aus der Bildungspolitik, der Bildungsadministration und den Schulen sowie natürlich auch an die bildungspolitisch interessierte Öffentlichkeit. (DIPF/Orig.)