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  • Müller, Andreas Lars

    2020
    Dissertation

    Dem automatisierten Fahren wird künftig eine hohe Bedeutung zukommen. Nicht nur die Sicherheit und Effizienz des Straßenverkehrs sollen erhöht, sondern auch Emissionen reduziert und die Mobilität verbessert werden. Während bei der teilautomatisierten Fahrt der Fahrzeugnutzende stets das Verkehrsgeschehen überwachen muss, vollzieht sich ab dem hochautomatisierten Fahren (Level 3 nach SAE (2018)) ein Paradigmenwechsel. Ab dieser Automatisierungsstufe wird der Fahrzeugnutzende von der Pflicht der dauerhaften Fahrzeugführung und Umgebungsüberwachung entbunden und kann sich in seiner neu gewonnenen Freizeit mit fahrfremden Tätigkeiten (FFT) beschäftigen. Diese Tätigkeiten dürfen so lange ausgeführt werden, bis ein Signal den Nutzer darauf hinweist die Fahrzeugkontrolle wieder aufzunehmen. Da der Fahrzeugführer dennoch als Rückfallebene gilt, wird dieser Aspekt der Kontrollübernahme als besonders kritisch angesehen. Während bisherige Forschungsvorhaben die Einflussfaktoren auf die Rückübernahmeaufforderung im Fokus ihrer Studie untersuchten, liegt das Hauptaugenmerk dieser Arbeit auf den Auswirkungen der FFT auf den Fahrzeugnutzenden während der hochautomatisierten Fahrt. Dafür wird zunächst ein Literaturüberblick über den aktuellen Stand der Forschung gegeben und darauf aufbauend Forschungslücken identifiziert. Basierend auf einer Online-Umfrage (N = 164) und einer Cover-Story-Fahrsimulatorstudie (N = 30) werden aus Nutzersicht relevante fahrfremde Tätigkeiten („Text lesen“, „Hörbuch hören“, „Video schauen“, „Texting“ und „Fahrt beobachten“) bestimmt. Mittels eines Untersuchungsmodells auf Basis des Belastungs-Beanspruchungs-Konzepts nach Luczak (1975, modifiziert von Rohmert 1984) werden die aus der systematischen Literaturrecherche geschlussfolgerten Forschungsfragen mit Hilfe von Leithypothesen visualisiert. Anhand der Hauptstudie (N = 56) werden die FFT in einem statischen Fahrsimulator des Instituts für Arbeitswissenschaft (Technische Universität Darmstadt) auf die mentale Beanspruchung, das Situationsbewusstsein und die Rückübernahmefähigkeit in einer kritischen Situation überprüft. Die vorliegende Arbeit untersucht mittels triangulärem Ansatz aus dem subjektiven Empfinden, der psychophysiologischen Aktivität sowie leistungsbasierten Kennwerten einer konkurrierenden Sekundäraufgabe in Form eines Reiz-Reaktionszeittests die Auswirkungen visueller, auditiver, taktiler und kognitiver Belastungen durch naturalistische FFT. Hierbei zeigt sich, dass sich die ausgewählten FFT in ihrer mentalen Beanspruchung signifikant unterscheiden. Das Situationsbewusstsein wird in drei zeitlichen Varianten erforscht. Neben dem vorhandenen Situationsbewusstsein bei Ausführung einer FFT wird auch der Aufbauprozess des Situationsbewusstseins im Detail analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die zeitliche Rückübernahmefähigkeit ebenfalls signifikant in Abhängigkeit von der ausgeführten FFT unterscheidet. Folglich wirkt sich sowohl die untersuchte Variable der mentalen Beanspruchung als auch die des vorhandenen Situationsbewusstseins signifikant auf die Rückübernahmezeit aus. Schlussendlich liefert diese Arbeit neben der Beantwortung der Forschungsfragen auch Gestaltungsempfehlungen für zukünftige hochautomatisierte Fahrzeugkonzepte.