Der Beitrag setzt sich zum Ziel, Repräsentationsprozesse als Bedeutungsbildungsprozesse in Terézia Moras Roman
Das Ungeheuer
zu untersuchen. Darius Kopp, die Figur, die der Leser im Roman
Der einzige ...Mann auf dem Kontinent
kennen gelernt hat, ist im zweiten Teil der geplanten Trilogie auf Reisen. Seine Frau, Flora, ist tot, sie hat Selbstmord begangen, und Darius muss ihre Objektrepräsentanz, wie diese identitätskonstitutiv für ihn geworden ist, umgestalten, da Flora in der äußeren Realität nicht mehr erreichbar ist, sie in ein endgültig inneres Objekt verwandeln. Darius bricht auf, ohne einen genauen Plan, um einen Ort zu finden, wo Floras Asche beigesetzt werden könnte. Der Beitrag geht der Frage nach, ob ihm die schützende Bewahrung des (ehemals) Äußeren im Inneren, also die Repräsentation der toten Flora gelingt. In der Untersuchung wird davon ausgegangen, dass Repräsentation—wie von Jovchelovitch beschrieben (Sandra Jovchelovitch, ,,In Defence of Representations,“
J Theory Soc Behav
2 (1996): 121–135.)—eine Vermittlung zwischen An- und Abwesendem darstellt, eine Beziehung artikuliert, und als eine relational ausgestaltete Bedeutung gefasst werden kann.
ABSTRACT
Beginning around the year 2000, a number of German writers and film‐makers began to send their protagonists into Eastern Europe and beyond. Part of a much larger trend towards the ...transnational in German‐language literature, this development continues the ‘Eastern Turn’ of the 1990s but reverses the direction of movement. In this article I analyse three recent texts by the Hungarian‐born writer Terézia Mora as part of this, by now, multi‐directional ‘Eastern Turn’: her novels Der einzige Mann auf dem Kontinent (2009) and Das Ungeheuer (2013), and her ‘Frankfurter Poetik‐Vorlesungen’, a collection of five lectures assembled under the title Nicht sterben (2014). The novels, both of which chronicle migration from Eastern Europe to Germany as well as travel in the opposite direction and feature German as well as immigrant characters, present an astute critique of contemporary neoliberal economic conditions and practices that have an effect on all the main characters, albeit in very different ways. The lectures give insights into Mora's creative process and the importance of her deep cultural and historical connections to Eastern Europe. They also illustrate Mora's move beyond her own experience of migration toward broader fictional contexts. Taken together, the three texts suggest that traditional views of a Western centre and Eastern peripheries need to be revised in favour of models mindful of multi‐directional movement and the economies that drive it, and capable of mapping the geographies that emerge as a consequence.
Zusammenfassung
Um das Jahr 2000 herum begannen deutschsprachige Schriftsteller und Filmemacher ihre Protagonisten nach Osteuropa zu schicken. Diese Entwicklung, die den ‘Eastern Turn’ der 1990er Jahre in die umgekehrte Richtung fortsetzt, ist als Aspekt eines umfassenderen Trends hin zum Transnationalen innerhalb der deutschen Literatur zu verstehen. Dieser Aufsatz analysiert drei neuere Texte der aus Ungarn stammenden Schriftstellerin Terézia Mora als Beiträge zu einem inzwischen multidirektionalen ‘Eastern Turn’: Die Romane Der einzige Mann auf dem Kontinent (2009) und Das Ungeheuer (2013) und die fünf Beiträge umfassenden Frankfurter Poetik‐Vorlesungen Nicht sterben (2014). In den Romanen, in denen sowohl Deutsche als auch Migranten vorkommen, geht es sowohl um Einwanderung aus Osteuropa nach Deutschland als auch um Reisen von Deutschland nach Osteuropa. Die Texte üben scharfsinnige Kritik an neoliberalen Wirtschaftsbedingungen und ‐praktiken und zeigen deren unterschiedliche Auswirkungen auf die Figuren. Die Poetik‐Vorlesungen erlauben Einsicht in Moras Schaffensprozess und belegen die Wichtigkeit ihrer kulturellen und historischen Beziehungen zu Osteuropa. Sie zeigen aber auch, dass Mora in ihrem fiktionalen Werk bewusst über den eigenen Migrationshintergrund hinausgeht. Zusammengenommen machen diese Texte deutlich, dass traditionelle Vorstellungen von einem westlichen Zentrum und östlichen Peripherien nicht mehr greifen und durch Modelle ersetzt werden müssen, mit denen sich mehrfache Bewegungsrichtungen, die dafür verantwortlichen Wirtschaftsformen, und sich stets verändernde Geographien erfassen lassen.
Among literary responses to contemporary migration to Germany, Terézia Mora's short story “Selbstbildnis mit Geschirrtuch” stands out as a critical engagement with the various forms of exclusion ...migrants face. The story recasts the Holocaust‐era refugee experience of the German‐Jewish painters Felka Platek and Felix Nussbaum in contemporary Germany. Although others have considered the relation of Holocaust memory to migration, Mora approaches it from a novel perspective informed by Walter Benjamin's notion of weak messianism and Jean‐Luc Nancy's philosophy of negative community. Motifs of infernal descent are found throughout the story and dramatize the protagonist's exclusion. Weak messianism and negative community shape the response to exclusion in the narrative. Specifically, the story dramatizes alternative forms of being together beyond linguistic borders. Accordingly, this paper demonstrates how the text interrupts the temporal, physical, and linguistic borders of German society, gesturing towards the possibility of collectivity not underwritten by exclusion of the other.
ABSTRACT
In this article, I argue that Terézia Mora's 2004 novel Alle Tage foregrounds the Yugoslav wars, and the Kosovo intervention in particular, as significant events for processes of the Berlin ...Republic's political self‐fashioning in the late 1990s. I therefore contend that despite the text's more widely acknowledged global and delocalised aspects, Alle Tage is in fact a very local and ‘German’ text, directly engaging with the socio‐political contexts of the Berlin Republic. I start by addressing the ways in which the 1990s Balkan wars have been used to reposition questions of German identity in relation to its World War II past. I then examine and offer an alternative to the notion that Térezia Mora's novel Alle Tage is predominantly a global text by highlighting the text's inextricable embeddedness in discourses surrounding German identity in the 1990s. I do so by tracing the novel's simultaneous critiques of both the notion of a global, nomadic way of being as well as of essentialist conceptions of community such as a nation or ethnic belonging. As the fate of the novel's main character Abel illustrates, for Mora belonging is instead a matter of an embodied, experiential access to both one's past and present. I conclude by arguing that Mora's novel suggests that just like Abel, Germany cannot move beyond post‐war themes such as nationalism, war, and genocide without thereby committing violent acts of forgetting.
Terézia Moras Roman Alle Tage (2004) zeigt, dass die jugoslawischen Kriege, und die Kosovo‐Intervention insbesondere, sehr wichtig für Prozesse der politischen Selbstgestaltung in der Berliner Republik der späten 1990er Jahre waren. Ich argumentiere daher, dass Alle Tage trotz der im Text allgemein anerkannten globalen und delokalisierten Aspekte, auch ein sehr lokaler und ‘deutscher’ Text ist, der die sozialen und politischen Kontexte der Berliner Republik widerspiegelt. Ich beginne mit einer Zusammenfassung der Art und Weise in welcher die Balkankriege der 1990er Jahre in der Berliner Republik verwendet wurden, um Fragen der deutschen Identität in Bezug auf seine Vergangenheit und den Zweiten Weltkrieg neu zu positionieren. Dann biete ich eine Alternative zu der Auffassung an, dass Terézia Moras Roman Alle Tage ein überwiegend globaler Text sei, indem ich die Einbettung des Romans in Diskursen um die deutsche Identität Ende der 1990er Jahre hervorhebe. Dies mache ich, indem ich Moras Kritik sowohl an Vorstellungen eines globalen, nomadischen Seins wie auch an essentialistischen Vorstellungen von Gemeinschaft wie ‘Nation’ oder ethnischer Zugehörigkeit darlege. Wie das Schicksal des Protagonisten Abel zeigt, ist für Mora Gemeinschaft vielmehr Sache eines verkörperten, erlebten Zugangs sowohl zu der Vergangenheit als auch der Gegenwart. Wie ich abschlieend zeige, schlägt Moras Roman vor, dass Deutschland genauso wie Abel Nachkriegsthemen wie Nationalismus, Krieg und Völkermord ohne ein gewaltsames Vergessen so einfach nicht hinter sich lassen kann.
Terézia Mora's Ophelia does not become insane but slowly beings to understand, and holds a monologue in the throne room that is empty. She is caught in an attempt to construct herself as a subject; ...the outside world, with Hamlet in its center, is a condition of this self-construction but constantly seems to evade her. The process is analyzed here in terms of Jacques Lacan's psycho-analysis and Jürgen Link's semiotic discourse analysis. PUBLICATION ABSTRACT