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  • Neuregelung des § 64 StGB a...
    Müller, Jürgen L.; Böcker, Felix M.; Eusterschulte, Beate; Koller, Matthias; Muysers, Jutta; Pollmächer, Thomas

    Nervenarzt, 11/2021, Letnik: 92, Številka: 11
    Journal Article

    Zusammenfassung In Deutschland geschehen jedes zweite Körperverletzungsdelikt und etwa jedes vierte Sexualdelikt unter Alkohol- oder Drogeneinfluss. Unbehandelte Substanzkonsumstörungen sind ein Risikofaktor für weitere Straftaten. § 64 StGB regelt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für Straftäter in Folge eines Hangs zur Einnahme berauschender Substanzen im Übermaß. Die bisherige Regelung steht in der Kritik, weil zu viele Patienten zugewiesen würden, das Angebot oftmals die falschen Personen bekämen, die Behandlung häufig nicht erfolgreich beendet wird und das Angebot zu viele Ressourcen verbrauche. Eine Reform der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) muss aus psychiatrischer Sicht den medizinethischen Prinzipien, insbesondere dem Respekt vor der Autonomie des Patienten, dem Prinzip der Verteilungsgerechtigkeit und der ärztlichen Berufsordnung gerecht werden. Die Unterbringung nach § 64 StGB muss auf die Behandlung von Menschen mit klinisch relevanten Substanzkonsumstörungen beschränkt werden. Entscheidend für die Erfolgsaussicht einer psychiatrischen Suchtbehandlung sind die Behandlungsbereitschaft und Selbstbestimmung bei Aufnahme in die Klinik. Um die Therapie von behandlungsfremden Einflüssen des Strafvollstreckungsrechts zu entlasten, sollte bei Antritt der Behandlung bereits so viel Strafe verbüßt sein, dass die Unterbringung nur noch dem Behandlungs- und Resozialisierungszweck und dem Ziel dient, das Risiko weiterer substanzmittelbedingter Straftaten zu senken. Der Begriff „Entziehungsanstalt“ sollte ersetzt werden durch die angemessenere Bezeichnung „Forensische Klinik für Abhängigkeitserkrankungen“.