Zusammenfassung
Digitale Alltagskommunikation in Messengerdiensten findet nicht nur in dyadischen, sondern inzwischen auch in vielfältigen Gruppenkonstellationen statt. Deren kommunikative Dynamiken ...und die Frage, wie Nutzer:innen persönliche Erfahrungen in einer klar identifizierbaren Gruppe von Teilnehmer:innen erzählen, sind bisher nur in Ansätzen untersucht worden. Mithilfe des
Small-Story
-Ansatzes werden in diesem Beitrag Praktiken der Identitätsarbeit und kollektiven Beziehungsgestaltung im Gruppenchat eines adoleszenten Basketballteams untersucht. Dabei zeigt sich, dass sowohl die Etablierung als auch die Aufrechterhaltung der Gruppenidentität eine komplexe Aufgabe ist, die sowohl auf der sprachlichen Ebene, z. B. durch Angleichungsstrategien, als auch auf der inhaltlich-thematischen Ebene bearbeitet werden muss.
Zusammenfassung
Vor dem Hintergrund gesteigerter Mobilität sowie der gesellschaftlich nahezu flächendeckenden Verbreitung des Smartphones geht der Beitrag der zeitlichen und räumlichen ...Flexibilisierung von sozialen Identitäten und situativen Kontexten in digitalen Kommunikationsalltagen nach. Mit Bezug auf das theoretische Konzept des ›Chronotopos‹ werden kommunikative Praktiken in alltäglicher Smartphone-Kommunikation in Hinblick auf ihre raumzeitliche Gebundenheit und interdiskursive Geschichte perspektiviert. Dabei wird zum einen dargestellt, wie sich unterschiedliche soziale Kontexte und Identitäten in der alltäglichen Smartphone-Kommunikation von Individuen überlagern, indem Sprecher:innen zeitgleich mit verschieden Kommunikationspartner:innen interagieren, und wie diese Überlagerung zum anderen mit einer temporalen Verdichtung mehrsprachiger Praktiken einhergeht.
Zusammenfassung
In diesem medienlinguistischen Beitrag untersuchen wir Adressierungen von (›Heim‹-)Tieren in ›Tierbriefen‹ und verschiedenen Social Media-Formaten und zeigen, inwiefern diese Texte ...Ausdruck eines emotionalen Kapitals in Bezug auf mediale
humanimalische
Emotionsgemeinschaften und Identitätskonstruktionen sind. Aus der Perspektive einer Tierlinguistik, die im Anschluss an die Human-Animal Studies Tiere in theoretischer Hinsicht prinzipiell als gleichwertige soziale Akteur*innen versteht, werden medialisierte Tiere als Quasi-Subjekte/-Objekte konzeptualisiert, die in der sozialen Online-Interaktion unterschiedliche kommunikative Rollen einnehmen. Damit gehen verschiedene Formen des menschlichen tiergerichteten Kommunizierens einher, die als kommunikative Praktiken beschreibbar sind.
Zusammenfassung
Der Artikel untersucht Strukturen in illustrierten Unterhaltungsmagazinen der Weimarer Republik, die dazu dienen, Leser:innen dauerhaft zu binden und die das Gefühl erzeugen, als ...Rezeptionsgemeinschaft einen Common Ground auszubilden. Ostentative Serialität, Mitmachangebote, die Suggestion einer gemeinsamen Bewertungskultur etc. sorgen für eine ästhetische Kopplung der Zeitschriften mit den Leser:innen und gefühlt auch unter den Leser:innen. Das
close reading
ausgewählter Zeitschriftenausgaben basiert auf linguistischen und interaktionsanalytischen Grounding-Theorien.
Zusammenfassung
In dem Beitrag geht es um Identitätskonstruktionen von Wissenschaft im Rahmen des NDR-Podcasts Coronavirus-Update. Ausgehend von einer Zählung der Konstruktion zu die Wissenschaft in ...den als PDF veröffentlichten Folgen des Podcasts als Kategorienlabel, werden ausgewählte Ausschnitte aus zwei retranskribierten Folgen des Podcasts untersucht. Der Idee der Prinzipien von Identität folgend, werden Erkenntnisse unterschiedlicher Ansätze der Gesprächsforschung genutzt, um das Emergieren von Identitätskonstruktionen und ihre Funktion zu rekonstruieren.
Zusammenfassung
In dem Beitrag wird korpusgestützte Theoriebildung als hermeneutischer Prozess beschrieben und hermeneutische Aspekte in den verschiedenen Phasen des Prozesses werden diskutiert. ...Exemplarisch wird dies anhand der Entwicklung einer Theorie des Kommentierens gezeigt, deren Kategoriensystem in einem iterativ-inkrementellen Prozess der Bildung und Überprüfung von Hypothesen sukzessive aufgebaut und abduktiv ausdifferenziert wird. Methodisch stehen Annotationsstudien im Mittelpunkt, kombiniert mit korpusstatistischen Methoden. Letztere dienen einerseits dem theoretischen Sampling und werden andererseits auf die dadurch spezifisch selektierten bzw. gebildeten (Sub)Korpora zur Mustererkennung angewendet. Hermeneutikkritische Aspekte werden aus drei Perspektiven diskutiert, die den Umgang mit Vorwissen und bestehenden Theorien, mit der hermeneutischen Zirkularitätsmetapher und mit Objektivierungsstrategien im interpretativen Forschungssetting umfassen.
Einsam oder gemeinsam? Müller, Marcus
LiLi, Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik,
06/2024, Letnik:
54, Številka:
2
Journal Article
Odprti dostop
Zusammenfassung
Der Beitrag untersucht die Bedeutung der Unterscheidung zwischen Verstehen und Erklären für die digitale Linguistik. Es wird gezeigt, dass Verstehen und Erklären nicht als isolierte ...Praktiken betrachtet werden sollten, sondern eng miteinander verknüpft sind und sich gegenseitig ergänzen. Er setzt dazu bei der bekannten Begriffsdichotomie aus der romantischen Hermeneutik an und bezieht neuere Beträge zu einem einheitswissenschaftlichen Begriff des Erklärens wie auch zu einer pragmatischen Verstehenstheorie ein. Das Verstehen wird in der digitalen Linguistik als eine unreflektierte Nebenbei-Praxis behandelt, während das Erklären in seinen verschiedenen Typen gut methodologisiert ist. Der in verschiedenen Bereichen der Linguistik eingeführte Kontextualisierungsbegriff scheint geeignet, um korpuslinguistisches Verstehen methodologisch zu fassen. Auch wenn die Bedeutung statistischer Erklärungen bei wachsenden Beständen an quantifizierbaren Daten wächst, darf das Verstehen im Kontext nicht unreflektiert bleiben und bedarf einer methodischen Basis. Auf der Ebene des praktischen Zugriffs hebt der Beitrag Annotation als Methode hervor, die Verstehen und Erklären integriert. Dabei spielt insbesondere das kollaborative Verstehen in Annotationsprozessen eine Schlüsselrolle. Der Beitrag endet mit zwei Anwendungsbeispielen.
Kenne Dein Korpus(system) gut? Haß, Ulrike
LiLi, Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik,
06/2024, Letnik:
54, Številka:
2
Journal Article
Odprti dostop
Zusammenfassung
Der Beitrag befasst sich mit Überlegungen, die bei und über Korpusanalysen angestellt werden müssen, die im Zusammenhang mit Wörterbüchern angeboten werden. Dazu werden zwei ...exemplarische Forschungsfragen an jeweils zwei unterschiedliche Textkorpora gestellt: an eines der Metakorpora der Plattform DWDS (Berlin) und eines der Archive der Korpora des IDS (DeReKo I‑2023). Einmal geht es um Semantik und Pragmatik des Worts Alltagsrassismus, zum zweiten um eine DaF-relevante Frage, nämlich die nach der Häufigkeit verschiedener Arten von Artikelwörtern (einschließlich Begleiterpronomina). Substantive sollen – so die verbreitete Auffassung – immer »mit (bestimmtem) Artikel« gelernt werden. Aber kommen bestimmte Artikel wirklich am häufigsten vor? Im Zentrum des Beitrags stehen die Reflexionen, die bei der Korpusnutzung zu diesen Beispielfragen entstehen. Es wird dabei u. a. deutlich, dass es bei den heute verbreiteten integrierten Systemen aus Korpora und Wörterbüchern keineswegs nur darum geht, die quantitative und qualitative Beschaffenheit eines genutzten Korpus zu kennen, um Rechercheergebnisse angemessen einordnen zu können, sondern dass die digitalen Verbindungen von Korpora und Wörterbuch in Gestalt dieser Systeme den Komplexitätsgrad möglicher Reflexionen in problematischer Weise erhöhen.
ÜberLebensKunst Odendahl, Johannes
LiLi, Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik,
06/2024, Letnik:
54, Številka:
2
Journal Article
Odprti dostop
Zusammenfassung
Die Londoner Klimaaktivistinnen, die van Goghs Gemälde
Sonnenblumen
mit Tomatensuppe überschütteten, fragten nach dem Stellenwert von Kunst in Zeiten existentieller globaler Krisen. ...Der vorliegende Beitrag greift diese Frage auf und sucht nach der Legitimation einer Beschäftigung mit Kunst und Literatur um ihrer selbst willen, speziell im schulischen Deutschunterricht. Herausgearbeitet wird als Antwort die These, dass Kunst und Literatur der Ausbildung einer pragmatischen Rationalität zur Krisenbewältigung behilflich sein können; aber paradoxerweise nur, wenn sie als selbstgenügsames Spiel betrieben werden – auch und gerade in der Schule.
Um das zu zeigen, wird auf Johan Huizingas Spieltheorie und auf Andreas Reckwitz’ Arbeit zum Kreativitätsdispositiv rekurriert. Beide Theoretiker weisen jeweils für ihre Gegenwart eine Kontamination der Sphären von Spiel und Ernst, von Ästhetisierung und Ökonomisierung nach. So betrachtet, ist beispielsweise die akademische Sphäre heute auf unproduktive Weise von Spiel-Elementen des Wettbewerbs und der Selbstdarstellung geprägt; und die Aktionen der Klimaaktivist:innen lassen sich als vornehmlich ästhetisch wirksame, ja systemkonforme Reize in Reckwitz’ Sinne interpretieren.
Demgegenüber spricht sich der Aufsatz für einen ›Klimapassivismus‹ im Sinne einer ressourcenschonenden Praxis des Unterlassens aus. Möglich ist ein solcher Verzicht aber nur, wenn sich der affektive Mehrwert des Ästhetischen weiterhin ausspielen kann. Dies müsste, wie auch Reckwitz vorschlägt, durch die Einübung repetitiver, selbstgenügsamer ästhetischer Praxen geschehen. Dergleichen könnte in einer Schule und einem Literaturunterricht Platz finden, der Spielräume für eine als Spiel betriebene Kunst eröffnet. Auf dieser Basis sollten auch Fähigkeiten des rational-pragmatischen Handelns zur Krisenbewältigung profitieren können.