Georg Büchner Gillett, Robert; Schonfield, Ernest; Steuer, Daniel
2017, Letnik:
89
eBook
This book examines the continuing relevance of Büchner in the early twenty-first century, in terms of politics, science, philosophy, aesthetics, performance and cultural studies, uniquely combining ...close readings with wide-ranging cultural, theatrical, philosophical and theoretical contextualizations. Der Band beschäftigt sich mit Büchners anhaltender Aktualität in den verschiedensten Bereichen. Er zeichnet sich durch detailliert textbezogene Interpretationen aus, die gleichzeitig zahlreiche aktuelle kultur- und theaterwissenschaftliche, philosophische, naturwissenschaftliche, ästhetische und theoretische Themen ansprechen.
The writer, scientist, philosopher, and radical democrat Georg Büchner (1813-1837) occupies a unique place in the cultural legacy of the German-speaking countries. Born into an epoch of inevitable, ...yet arrested historical transition, Büchner produced a small but exceptionally rich body of work. This collection of essays in English and in German considers the full spectrum of his writings, the political pamphlet Der Hessische Landbote, the dramas Danton's Tod, Leonce und Lena, Woyzeck, and the fragmentary narrative Lenz, as well as the letters, the philosophical lectures on Descartes and Spinoza, and the scientific texts. The essays examine connections between these works, study texts in detail, debate ways of editing them, and trace their reception in contemporary literature and film. The novel readings presented here not only celebrate Büchner on the eve of his bicentenary birthday but also insert this untimely figure into discussions of the revolution-restoration dynamic and realism in poetics and politics.
Das Problem der Ordnung – ihre Pluralisierung und die damit einhergehenden Konflikte und Spannungen, die die Moderne seit ihren Anfängen insgesamt prägen – ist strukturell an die historische Wandlung ...des Kontingenzbegriffs gekoppelt. Diese Wandlung, die bereits als Charakteristikum der Neuzeit angesehen wird und die in der Moderne eine Radikalisierung erfährt, besteht in einer qualitativen Änderung des Kontingenzbegriffs, die wiederum auf die sozialen Modellierungen von Handlungen einwirkt. Diese Arbeit untersucht die ‚Reaktionen‘ des Symbolsystems Literatur auf die Krise der Handlungsmodelle, die mit der gesteigerten Kontingenzerfahrung im postidealistischen Zeitalter im Zusammenhang steht. Den Ausgangspunkt bilden ausgewählte Dramen von Christian Dietrich Grabbe, Georg Büchner, Friedrich Hebbel und Franz Grillparzer, da durch die gattungsspezifische Sichtbarmachung der Handlungsformen im Drama das Zusammenwirken verschiedener Elemente wie Zweck und Mittel, Akteur und Adressat, Akt und Situation thematisch werden, während sich in der Konfrontation mit der Kontingenz die dramatische Form selbst verändert – bis hin zu einer Zersetzung der Tragödie durch Elemente der Farce, Burleske oder Satire.
Inhalt:
1. Einleitung
2. Kontingenz und Unbestimmtheit als Merkmale der Moderne
2.1 Kontingenz und Zufall – eine erste begriffliche Annäherung
2.2 Kontingenz, Ordnungsschwund und Unbestimmtheit
2.3 Die Großformation ‚Geschichtsphilosophie‘ –
Ihre Funktion und Krise
2.4 Rahmenkrise – Fremdheitserfahrung des postidealistischen
Subjekts
2.5 Zur Interdependenz von Handlung und Kontingenz
3. Ausführen und Vorführen:
Zur Sichtbarkeit der Handlungsformen im Drama
3.1 Begriffliche Spezifikationen
3.2 Handlungstheoretische Grundzüge der aristotelischen Poetik
3.3 Das Drama als „fiktionale Darstellung der Handlungswelt“ ...
3.4 Handlung und Tat
3.5 Schicksal und Schicksalsdrama – Ein Exkurs
4. Zufall und Kontingenz aus dramentheoretischer Perspektive –
Ein Exkurs
5. Grabbes Herzog Theodor von Gothland und
Napoleon oder die hundert Tage
5.1 Grabbe vs. Tieck: Zur Standortbestimmung
5.1.1 Tiecks Brief an Grabbe:
Leiden am „unpoetischen Materialismus“
5.1.2 Grabbes Anmerkungen an Tiecks Brief:
Realismus als Antiidealismus
5.2 Handlungsmotivation und Ordnungsverlust:
Herzog Theodor von Gothland
5.2.1 Iterative Handlung statt unterbrechendes Zögern
5.2.2 Die Tragödienparodie und das Ende des Schicksals
5.2.3 Kontingenz und Komik: Meteorologische Iterationen
5.3 Traditionsverzicht und Fragmentierung:
Napoleon oder die hundert Tage
5.3.1 Kontingente Wirklichkeit:
‚Nacheinander‘ vs. ‚Nebeneinander‘
5.3.2 Das moderne Subjekt und das Meer
5.3.3 Der traditionslose Souverän
5.3.4 Zeit-Imperialismus vs. Idiochronie
6. Georg Büchner: Danton’s Tod
6.1 Kontingenz der Geschichte – Handlung als Zitat
6.1.1 „Willst du noch länger zaudern?
Wir werden ohne dich handeln.“
6.1.2 Vom Fatalismus zur bewussten Handlung: Der Schrei
6.1.3 Sprengkraft des Zitats
6.1.4 Anthropologie vs. Geschichtsphilosophie
6.2 Leonce und Lena und die Parodie der Geschichtsphilosophie –
ein Exkurs
6.2.1 Kants „Idee zu einer allgemeinen Geschichte
in weltbürgerlicher Absicht“ als diskursiver Hypotext
6.2.2 Leonce und Lena als Hypertext:
Parodie der (Geschichts-)Philosophie
7. Friedrich Hebbels Maria Magdalene als Restauration
der Tragödie?
7.1 Kommunikation, Verbindlichkeit und soziale Ordnung
7.2 ‚Versprechen‘ und ‚Vergeben‘ als handlungsregulierende
Dispositive
7.2.1 „Und stünde die Zeit über mir still, ich kann nicht zurück
und auch nicht vorwärts“
7.2.2 Offene und geschlossene Räume
8. ‚Dogmatismus der Geschlossenheit‘:
Dramentheorie im Realismus – Ein Exkurs
9. „Kennst du das Wörtlein: Ordnung, junger Mann?“
Franz Grillparzer und die Ordnung im Übergang
9.1 Idealismuskritik als Systemkritik
9.2 Ordnungs- und Rahmenkrise: Ein Bruderzwist in Habsburg –
Quietismus und politischer Antimachiavellismus (ein Exkurs)
9.3 Libussa
9.3.1 Von der mythischen zur profanen Ordnung I: Die Kontingenz
des Übergangs und die Rolle der somatischen Erfahrung
9.3.2 Von der mythischen zur profanen Ordnung II:
Theorie vs. Praxis
9.3.3 Von der mythischen zur profanen Ordnung III:
Zur Dialektik des Heiligen und des Profanen
9.3.4 Libussa als ‚Schwellenfigur‘: Das Scheitern
des matriarchalen Projekts
9.3.5 Politik der Vision
10. Schluss und Ausblick: Gibt es Kontingenzgattungen?
11. Bibliographie
11.1 Primärliteratur
11.2 Sekundärliteratur
11.3 Nachschlagewerke
Danksagung
DE
Das historische Vorbild für Büchners letztes Drama Woyzeck ist der im Jahr 1824 hingerichtete Johann Christian Woyzeck, dessen Fall eine Debatte über die Frage der Unzurechnungsfähigkeit auslöste. ...Der vorliegende Band zeichnet das historische Strafverfahren sowie die wissenschaftliche Diskussion, die der Verurteilung und Hinrichtung folgte, nach und beleuchtet die literarische Verarbeitung des Falls durch Büchner sowie aktuelle Bezüge.
Das Problem der Ordnung – ihre Pluralisierung und die damit einhergehenden Konflikte und Spannungen, die die Moderne seit ihren Anfängen insgesamt prägen – ist strukturell an die historische Wandlung ...des Kontingenzbegriffs gekoppelt. Diese Wandlung, die bereits als Charakteristikum der Neuzeit angesehen wird und die in der Moderne eine Radikalisierung erfährt, besteht in einer qualitativen Änderung des Kontingenzbegriffs, die wiederum auf die sozialen Modellierungen von Handlungen einwirkt. Diese Arbeit untersucht die ‚Reaktionen‘ des Symbolsystems Literatur auf die Krise der Handlungsmodelle, die mit der gesteigerten Kontingenzerfahrung im postidealistischen Zeitalter im Zusammenhang steht. Den Ausgangspunkt bilden ausgewählte Dramen von Christian Dietrich Grabbe, Georg Büchner, Friedrich Hebbel und Franz Grillparzer, da durch die gattungsspezifische Sichtbarmachung der Handlungsformen im Drama das Zusammenwirken verschiedener Elemente wie Zweck und Mittel, Akteur und Adressat, Akt und Situation thematisch werden, während sich in der Konfrontation mit der Kontingenz die dramatische Form selbst verändert – bis hin zu einer Zersetzung der Tragödie durch Elemente der Farce, Burleske oder Satire.
Inhalt:
1. Einleitung
2. Kontingenz und Unbestimmtheit als Merkmale der Moderne
2.1 Kontingenz und Zufall – eine erste begriffliche Annäherung
2.2 Kontingenz, Ordnungsschwund und Unbestimmtheit
2.3 Die Großformation ‚Geschichtsphilosophie‘ –
Ihre Funktion und Krise
2.4 Rahmenkrise – Fremdheitserfahrung des postidealistischen
Subjekts
2.5 Zur Interdependenz von Handlung und Kontingenz
3. Ausführen und Vorführen:
Zur Sichtbarkeit der Handlungsformen im Drama
3.1 Begriffliche Spezifikationen
3.2 Handlungstheoretische Grundzüge der aristotelischen Poetik
3.3 Das Drama als „fiktionale Darstellung der Handlungswelt“ ...
3.4 Handlung und Tat
3.5 Schicksal und Schicksalsdrama – Ein Exkurs
4. Zufall und Kontingenz aus dramentheoretischer Perspektive –
Ein Exkurs
5. Grabbes Herzog Theodor von Gothland und
Napoleon oder die hundert Tage
5.1 Grabbe vs. Tieck: Zur Standortbestimmung
5.1.1 Tiecks Brief an Grabbe:
Leiden am „unpoetischen Materialismus“
5.1.2 Grabbes Anmerkungen an Tiecks Brief:
Realismus als Antiidealismus
5.2 Handlungsmotivation und Ordnungsverlust:
Herzog Theodor von Gothland
5.2.1 Iterative Handlung statt unterbrechendes Zögern
5.2.2 Die Tragödienparodie und das Ende des Schicksals
5.2.3 Kontingenz und Komik: Meteorologische Iterationen
5.3 Traditionsverzicht und Fragmentierung:
Napoleon oder die hundert Tage
5.3.1 Kontingente Wirklichkeit:
‚Nacheinander‘ vs. ‚Nebeneinander‘
5.3.2 Das moderne Subjekt und das Meer
5.3.3 Der traditionslose Souverän
5.3.4 Zeit-Imperialismus vs. Idiochronie
6. Georg Büchner: Danton’s Tod
6.1 Kontingenz der Geschichte – Handlung als Zitat
6.1.1 „Willst du noch länger zaudern?
Wir werden ohne dich handeln.“
6.1.2 Vom Fatalismus zur bewussten Handlung: Der Schrei
6.1.3 Sprengkraft des Zitats
6.1.4 Anthropologie vs. Geschichtsphilosophie
6.2 Leonce und Lena und die Parodie der Geschichtsphilosophie –
ein Exkurs
6.2.1 Kants „Idee zu einer allgemeinen Geschichte
in weltbürgerlicher Absicht“ als diskursiver Hypotext
6.2.2 Leonce und Lena als Hypertext:
Parodie der (Geschichts-)Philosophie
7. Friedrich Hebbels Maria Magdalene als Restauration
der Tragödie?
7.1 Kommunikation, Verbindlichkeit und soziale Ordnung
7.2 ‚Versprechen‘ und ‚Vergeben‘ als handlungsregulierende
Dispositive
7.2.1 „Und stünde die Zeit über mir still, ich kann nicht zurück
und auch nicht vorwärts“
7.2.2 Offene und geschlossene Räume
8. ‚Dogmatismus der Geschlossenheit‘:
Dramentheorie im Realismus – Ein Exkurs
9. „Kennst du das Wörtlein: Ordnung, junger Mann?“
Franz Grillparzer und die Ordnung im Übergang
9.1 Idealismuskritik als Systemkritik
9.2 Ordnungs- und Rahmenkrise: Ein Bruderzwist in Habsburg –
Quietismus und politischer Antimachiavellismus (ein Exkurs)
9.3 Libussa
9.3.1 Von der mythischen zur profanen Ordnung I: Die Kontingenz
des Übergangs und die Rolle der somatischen Erfahrung
9.3.2 Von der mythischen zur profanen Ordnung II:
Theorie vs. Praxis
9.3.3 Von der mythischen zur profanen Ordnung III:
Zur Dialektik des Heiligen und des Profanen
9.3.4 Libussa als ‚Schwellenfigur‘: Das Scheitern
des matriarchalen Projekts
9.3.5 Politik der Vision
10. Schluss und Ausblick: Gibt es Kontingenzgattungen?
11. Bibliographie
11.1 Primärliteratur
11.2 Sekundärliteratur
11.3 Nachschlagewerke
Danksagung
This paper focuses on the nexus between language, history, and the body in Büchner's Danton's Tod. Büchner's play marks a transitional, and internally fractured, stage in the history of political ...theology in which the language, rites, and ideology of the past continue to haunt the present. The paper is organized around the idea of transfusion, a model that indicates the dependency of the present on the past while also marking the site of this relation as a physical one. Transfusions taint the present with a politico-theological remnant that marks the bodies of the revolutionary leaders. The resolution to the circularity of transfusion takes place linguistically, through quotation. Quotation transforms language into a repository for historical memory while imbuing it with a power for action. The circulation of language via quotation is the literary analogue to the model of transfusion above, but whereas transfusion is marked by an inescapable dependency on the past, quotation introduces a possibility of change and action even as it takes this power out of human intentionality.
Alors que Georg Büchner (1813-1837) avait été quasiment absent des théâtres est-allemands pendant plus de vingt ans, au tournant des années 1970-80, sa vie et son œuvre furent le sujet de quatre ...opéras en RDA : Léonce et Léna de Paul Dessau (1979) et de Thomas Hertel (1981), Büchner de Friedrich Schenker (1981-1987) et Die Gebeine Dantons (1989) du même compositeur. La « vague Büchner » à l’opéra est révélatrice d’une mutation esthétique d’autant plus nette si l’on se réfère à l’esthétique dominante des deux premières décennies, illustrée par l’opéra Léonce et Léna de Kurt Schwaen (1961). Les pièces de Büchner posaient des problèmes esthétiques et idéologiques dans un pays où les autorités valorisaient « l’héritage classique et humaniste ». Tandis que Schwaen remanie le texte de Büchner en ce sens, Dessau, Hertel et Schenker déconstruisent l’utopisme officiel et proposent une autre utopie, entendue dans un sens philosophiqu.e
At the dawn of the 1970s and 1980s, following over two decades of near-complete disappearance from East Germany’s theatres, Buchner’s life and work became the subject of four operas: Leonce and Lena, from Paul Dessau (1979) and Thomas Hertel (1981), Büchner, from Friedrich Schenker (1981-1987), and Die Gebeine Dantons, also from Friedrich Schenker (1989). This “Büchner wave” reveals a profound aesthetical change from Eastern Germany’s preceding two decades, as illustrated by Kurt Schwaen’s Leonce and Lena opera (1961). Büchner’s work raised several aesthetical and ideological issues in a regime that valued the “classical and humanist heritage”. Whereas Schwaen adapted the substance of Büchner’s work accordingly, Dessau, Hertel and Schenker deconstructed the regime’s utopism and proposed a new utopia which could be understood in a more philosophical way.
In the critical literature on Georg Büchner this monograph represents the first organic work devoted to the subject of the body – a pivotal issue for an understanding of his writings. The book ...investigates the significance assumed by the human body in three spheres of analysis: the political, the erotic and the scientific-philosophical. In the latter area the analysis hinges on the relations between Büchner's work and the writings of the three principal French materialist philosophers of the eighteenth century: La Mettrie, d'Holbach and Helvétius. The appraisal of this relation illustrates not only Büchner's appropriation of the legacy of ideas of French materialism, but also moments in which he satirises, sarcastically criticises or outrightly rejects certain central aspects of this vision of man and nature. From this analysis and the study of the political significance of the body and the erotic aspect, it emerges that the body, understood as Leib – human body, lived and living, the hub of subjective perception and experience – not only has a crucial function in the figurative layout of the literary works, but is also the focal point of Büchner's view of man, thus assuming a central importance both in the three areas examined and in the more strictly aesthetic sphere.
This book won the Premio Associazione Sigismondo Malatesta "Opera Critica" - Letteratura, Teatro e Arti dello spettacolo - Edizione 2009.